Schlagwörter
Alpenkrimi, Bücher schreiben, Bildsprache, Dramaturgie, erzählerisches Talent, Erzählkunst, Geschichte, Geschichten erzählen, Gleichnis, Intertextualität, Lesekultur, Lesen, Literatur, metaphorisch, Narrativ, Parabel, roter Faden, schriftstellerische Arbeit, Spannungsbögen, Stilformen, Story, Textform, Textur, zu Papier bringen
Jetzt mach hier keine Geschichten! Geschichten, die das Leben schreibt? Eher solche, die sich im Labyrinth des Lebens verheddern und nur unter schweren Geburtswehen aus dem Irrgarten des Irrewerdens an sich selbst heraus mäandern. Oder sollte es nicht eigentlich „mähandern“ heißen? Denn eine Leiche sagt bekanntlich weder „Muh noch Mäh“. Und der Tod gehört zum Leben wie zu einer guten Geschichte, die das Blut stocken und in den Adern gefrieren lässt. Große Gefühle, Hass und Herz, gehören einfach dazu, wie das Amen zum Omen, wie das Alpha zum Omega.
Wie aber findet man Zugang zu jenem Labyrinth, in dem der Minotaurus sein Unwesen treibt und kein Faden der Ariadne den Weg der Windungen und Wirrungen abspult? Nehmen wir eine fiktive Story, einen Plot nach Maß. Eine mustergültige Geschichte – nach dem Stereotyp konzipiert, schwarz auf weiß im Kontrapunkt, die Akteure erscheinen wie im chiaroscuro eines Gemälde Caravaggios.
Eine spannende Story, nach allen Gesetzmäßigkeiten der literarischen Kunst orchestriert. Eine Geschichte, die funktioniert, aber nie fasziniert. Solides Handwerk, gepaart mit einigen Geniestreichen. In ihrer klaren, schnörkellosen Sprache unmissverständlich. Flüssig erzählt und zu einem glücklichen Ende ohne faden Beigeschmack gebracht. So arbeitet Hollywood, so entsteht Stangenware für die Takeaway-Theke der Bookshops.
Da sind aber noch die anderen Geschichten, die so verwickelt, verzwickt und verrückt sind, dass sich darin Spuren des Mythischen mit dem Anschein des Wahren und Wahrhaftigen verwischen, das göttliche Moment eines „deus ex machina“ ins Gehege des Leibhaftigen kommen lassen und sich wirr von den Spannungsbögen herabhängenden Erzählstränge im Gedränge der Geschichte überkreuzen und verschlingen. Ein abstruser Wirrwarr, der sich zu einer wahren, wenn auch „fabelhaften“ Geschichte verdichtet, über die sich die Schleier des Übernatürlichen legen. Ein Gleichnis, eine Erzählung in Bildern, die Metamorphosen des Metaphorischen durchläuft.
Lebenslinien werden da lesbar – sei es auch als Buch mit den berühmten sieben Siegeln. Die Welt der gelebten Geschichten erschließt sich in Form eines Labyrinths, eines Irrgarten des Imaginären, eines Schlaraffenlands der Chimären und gleicht einer Pilgerreise ins wundersme Reich der Phantasie. Es ist der Verstand, der es versteht virtuos mit Bruchsteinen aus diesem Setzkasten der Alchemisten zu experimentieren. In jenen Bausteinen die Buchstaben heißen, das Mittel zum Zweck zu erkennen, einer Geschichte Gestalt zu geben, dem Golem endlich Leben einzuhauchen.
Ist es nun der Stoff, der den Narrativ zum Narren hält? Ein Stoff, der schon mehr als ein formloses Wesen ist, und doch noch mit den Kräften der Kohäsion um seine angemessene Form ringt. Endlich der Erkenntnis weicht, das das Muster der geistigen Materie in den Urbildern der Mythen und Erzählungen angelegt, ja der rote Faden bereits imprägniert ist? Jede große Geschichte dem Prinzip der Parabel eines kryptischen Ringes gleicht? Die reale Welt überhaupt nur existiert, um zur zigmal vervielfältigten Kopie, zum Abklatsch, zur Blaupause mit offenem Ende und Ausgang zu werden. Eine Scharade, eine Schmierenkomödie zum Klischeebild erstarrt.
Ein Buch besitzt im Idealfall magische Eigenschaften. Wie uns die Kabbala lehrt, entstehen aus Zeichen, Symbolen und Formeln Geisterwesen, die sich aus einem unscheinbaren Tintenklecks zur gigantischen Größe eines Goliaths erheben. Materie die seelenlos und untot ist und bleibt. Es sei denn der Funke des Geists fällt in jenes Tintenfaß, in dem die Feder eintunkt. Dann tropft es von ihrer Spitze mit dem heißen Feuer des Bluts. Dann beginnt die Geschichte, wird zum Leben erweckt. Denn aller Anfang war das Wort. Und das Wort es war immer unter uns. Lasst es uns aufs Neue lesen.
Dinesh Bauer
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