Schlagwörter
bayerische Literatur, bayrische Gedichte, Brandner Kaspar, Karl Stieler, Literaten 19. Jahrhundert, Ludwig Ganghofer, Ludwig Thoma, Mundartdichtung, Natur- und Lebensbilder, romantische Poesie, Tegernsee, Tegernseer Tal
Das Tegernseer Tal ist heute das Kernland der bayerischen Bonzokratie. Rund um den Lago di Bonzo hat die burschikose Bussi-Bussi-Society ihr Domizil aufgeschlagen. Hier trägt man Tracht – auch wenn die aufgebrezelte Botox-Diva und der abgetakelte Joppen-Jüngling kein Wort Bayrisch kauderwelschen. Ende des 19. Jahrhunderts war die schon damals blaublütig, bourgeois angehauchte Gegend rund um den See im schreienden Kontrast zu der seelenlosen Schicki-Szene, ein Hot Spot der bayrischen Literatur und Mundartdichtung. In der zweiten Hälfte ließen sich an dem im Sonnenlicht funkelnden Gewässer inmitten grüner Hügel zahlreiche „Verseschmiede“ und „Federfuchser“ nieder. Die beiden „Wiggerl“ – Ludwig Ganghofer und Ludwig Thoma lebten hier und liegen Seite an Seite am Friedhof von Egern begraben.
Es kommt schließlich nicht von ungefähr das Franz von Kobell die Parade-Figur des schlitzohrigen Bayern, den Brandner Kaspar, in Tegernsee verortet. „Der Brandner-Kasper is a‘ Schlosser g’west und hat bei Tegernsee a‘ kloa’s Häusl g’habt, hübsch hoch ob’n a’m Albach, wo mar auf Schliersee ’nübergeht“, heißt es am Anfang der humorigen Geschichte. Kobell war eine der großen literarischen Vorbilder eines anderen, heute weniger bekannten Tegernseer „Romanciers“, der in seinen Dichtungen, seinen Natur-. und Lebensbildern mit Vorliebe das rurale und rustikale Element bediente. Zu seiner Zeit war der 1842 geborene Karl Stieler eine feste literarische Größe. Der gelernte Jurist war als Schriftsteller höchst erfolgreich – sein Stil gefiel.
Die zeitgenössische Literaturkritik bescheinigte dem Autor, dass die Auswahl seiner Stoffe und deren moralischer Gehalt den Beifall des kundigen Publikums verdiene: „Freier Lebensgenuss in den Bergen, Liebesglück und vaterländische Begeisterung“ seien „die immer wiederkehrenden Motive seiner Poesie“. Seine Werke – darunter „Weil’s mi freut!“, „Habt’s a Schneid?“ oder „In der Sommerfrisch“ zeichneten sich überdies durch eine untadelige, formale Gestaltung aus. Der gebürtige Münchner war am Tegernsee aufgewachsen – und Zeit seines Lebens zog es ihn zu den magischen Orten seiner Jugend. Und er verstand es, den einfachen Leuten, den Bauern, Schankdirnen und Holzknechten, aufs Maul zu schauen…Ein Beispiel aus der Gedichtsammlung „Habt’s a Schneid?“ gefällig? „De alte Wirtin z‘ Unterberg, die macht a grantig Gfriss, die ko de Fremdn gor ned leid’n, weil Sie a Wirtin is.´Und wenn wer hikimmt, nachad gront’s, was wollt’s denn Gsindel fremd’s, kriagt’s wieda gor nix z’fressen z’Haus, daß’s bis da eini kemmt’s?“
Dinesh Bauer
P.S: Mehr von mir als Autor? Meine Bayern-Krimis san so schlecht aa ned. Schmökert’s und schnüffelt’s eini. Im Buchhandel und online in den Book-Shops.