Schlagwörter
Dorfen, Faschingsbrauch, heiliger Laurentius, Hemadlenz, Karneval, Maschkera, Unsinniger Donnerstag, Volksbrauch
Ein jeder echte Bayer – zumindest diejenigen, die wie ich in den 60er Jahren aufgewachsen sind, weiß was ein „Hemadlenz“ ist – eine Person, die nur mit einem Hemd bekleidet, unterwegs ist. Im übertragenen Sinn bezeichnet es einen Halbwüchsigen, egal ob Bub oder Mädchen. In meiner Jugendzeit war es bei uns Brauch nicht etwa einen Pyjama, sondern lediglich ein Nachthemd zu tragen.
Der Name „Lenz“ respektive Lorenz lässt sich vom heiligen Laurentius herleiten, der in der Frühzeit des Christentums in Rom so eine Art Tafel für in Not gerate Mitglieder der Gemeinde organisierte. Unter Kaiser Valerian wurde er der Legende nach am 10. August 258 öffentlich hingerichtet – sprich er wurde gefoltert und wie eine Bratwurst auf einem glühenden Eisenrost gegrillt. Kein angenehmes Ende, doch der Lenz soll dem Kaiser vor dem Tod noch zugerufen haben: „Du armer Mensch, mir ist dieses Feuer eine Kühle, dir aber bringt es ewige Pein.“ Zu Lebzeiten bekleidete Laurentius das Amt eines Diakons, der von Amts wegen eine Dalmatika trug.
Das Outfit erinnerte die Menschen späterer Jahrhunderte an ein Hemd – und so war der Ausdruck „Hemadlenz“ in der Welt. Die Bezeichnung Hemadlenz wurde in ganz Altbayern verwendet. So hieß es bei meiner Oma immer scherzhaft: „Jetzt aber schleunigst ab in die Federn, du kleiner Hemadlenz!“ Bei manchen Faschingsumzügen liefen die Hemadlenzen – ausschließlich Männer – mit. Zu einer besondern Blüte gelangte der Brauch in Dorfen, einer Kleinstadt im Isental.
Bei den Dorfener Maschkera waren die „Hemadlenzen“ – weißes Hemd, weiß gepudertes Gesicht, schwarze Zipfelmütze – eine feste Institution. Gefeiert wurde vor allem am Unsinnigen Donnerstag. Die Hemadlenzen waren schon vormittags auf der Straße – um sich bei den Anwohnern gebührend mit Würstel, Semmeln, Bier und Wein einzudecken. Als besondere Attraktion wurde der Hemadlenz herumgekarrt: eine Strohpuppe in einem Käfig. Zur Krönung des wilden Treibens wird der Puppe einen Strick um den Hals gelegt, dann baumelt sie am Galgen, nur um anschließend verbrannt zu werden. So wird – für alle sichtbar – der Winter ausgetrieben. Beim nachmittäglichen, eigentlichen Faschingsumzug darf sich kein Hemadlenz mehr blicken lassen – denn der Winter ist ja nun – zumindest für dieses Jahr – in Flammen aufgegangen.
Dinesh Bauer