Schlagwörter
Andreas Hofer, anno 1809, Das Kreuz, Egger-Lienz, Festungsanlage, Freiheitskämpfer, Georg Hauger, Hochpustertal, Landsturm, Lienz, Lienzer Klause, Osttirol, Pustertal, Sperrfeste, Tiroler Freiheitskampf, Tiroler Schützen
Eng wird es hier, ganz eng, das Pustertal. An der Lienzer Klause schnürt sich das von Ost nach West verlaufende, von der Drau durchflossene Gebirgstal, immer weiter ein. Zur Wespentaille. Zu beiden Seiten steile, unwegsame Berghänge. Der ideale Ort für einen Hinterhalt oder einen Sperrwall – die Lienzer Klause.
Zur Begriffserklärung. Unter einer Klause versteht man entweder die Behausung eines Eremiten oder eine Verteidigungsanlage an einem Engpass. Das Wort leitet sich vom lateinischen Verbum Claudere, sprich schließen, ab. Die Römer waren zwar auch schon im Pustertal unterwegs, ja Sie errichteten unweit von Lienz das Municipium Claudium Aguntum. Eine waschechte, antike Römerstadt mit allem was dazu gehört. Die Anfänge der Klause datieren dagegen erst ins Hochmittelalter. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Klaus Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Sperrfeste sollte die Besitzungen des Bistums Brixen in Anras und anderen Ort des Hochpustertals vor Übergriffen der Görzer Grafen schützen. Wie es so geht, geriet die Befestigung bald darauf in die Hände eben jenes, einstmals mächtigen Adelsgeschlechts.
1500 erbten die Habsburger die Herrschaftsrechte der Görzer Grafen und bauten die Fortifikationsanlage Ende des 17. Jahrhunderts – in der Zeit der Türkenkriege – zu einem gewaltigen Bollwerk aus. Die Baumeister Christoph und Elias Gumpp erweiterten die in die Jahre gekommene Burganlage in den Jahren 1664 und 1665 nach den neuesten Erkenntnissen des barocken Festungsbaus, mit sternförmig ausgreifenden Schanzen und Bastionen.
Die Lienzer Klause war bereits seit dem 14. Jahrhundert Sitz eines Gerichtes, diesen Schluss lassen historische Dokumente zu, so bekundet ein Weistum aus dem Jahr 1599: „Die Untertanen des Gerichts müssen in der Zeit der Not, so ein Geschrei von Ungläubigen oder sonsten von Feinden auskommt, ihr Weib und Kind, Hab und Gut verlassen und also der Klausen zur Rettung und Beschützung bereit sein.“ Dafür waren die streitbaren „Klausner“ vom Marktzwang der Stadt Lienz befreit und durften ihre Waren überall in der Grafschaft Tirol feil bieten. Nachdem die „Türkengefahr“ gebannt war, verlor die Festung ihre strategische Bedeutung und wurde nach dem Bau einer neuen Straße unten im Tal, im Jahr 1782 aufgelassen.
Die große Stunde der Klause sollte allerdings noch schlagen. Und zwar anno 1809. Ein kleines, aber beherztes Aufgebot Tiroler Schützen bot den zahlenmäßig weit überlegenen feindlichen Truppen Paroli. Eine von Kärnten heran marschierende Infanterie-Division sollte übers Pustertal ins Kernland der Aufständischen vordringen und die Front von hinten aufrollen. Doch das Vorhaben scheiterte. Ein Gedenkstein erinnert an den erbitterten Widerstand der Besatzung: „Am 8. August 1809 wurde die Lienzer Klause von den Tirolern unter den Schützenkommandanten Anton Steger, Georg Hauger, Adam Weber, Josef Achamer und Markus Hibler heldenmutig gegen eine zwanzigfache Übermacht von Franzosen und Italienern verteidigt und der französische General Rusca, der gerade 10 Dörfer um Lienz niederbrennen ließ, zum Abzug von Lienz dadurch gezwungen.“
Unter den Dörfern, die ein Raub der Flammen wurden, zählte auch Leisach. Die
Schlüsselszene des Gefechts stellte Albin Egger-Lienz in den Mittelpunkt seines Gemäldes „Das Kreuz“. Georg Hauger, ein Student der unter die Fahnen des Landsturms geeilt war, hält ein Feldkreuz in die Höhe. Im Zeichen des Kreuzes sammelt er die zurückweichenden Mannen, um sich erneut ins Schlachtgetümmel zu stürzen. 1823 gehörte Hauger im übrigen zu den Kaiserjägeroffizieren, die die Gebeine Andreas Hofers von Mantua nach Tirol überführten. Der unerschrockene Freiheitskämpfer wurde neben Hofer, Haspinger und Speckbacher in der Innsbrucker Hofkirche beerdigt.
Heutigen Besuchern bietet die Lienzer Klause noch immer ein imposantes Bild der einstigen Noblesse und Wehrhaftigkeit, auch wenn die Gebäude verfallen, das Mauerwerk vom Zahn der Zeit zernagt und die Bausubstanz nicht im allerbesten Zustand ist. Um dem weiteren Verfall der Wehranlage Einhalt zu gebieten, wurde 2011 ein Verein zur Erhaltung, Pflege, Instandsetzung und Erforschung der Lienzer Klause gegründet. Weshalb könnte man da fragen? Es sind doch nur Steine, alt und brüchig. Für mich stehen die alten Gemäuer sinnbildlich für den Kampf um die Bewahrung der Heimat, der eigenen Freiheit vor dem Zugriff fremder Mächte, egal unter welchem Banner diese daher kommen. Das gilt heute wie vor 200 Jahren.
Dinesh Bauer