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Alm, Almwiese, Asten, bergwandern, Bullen, Frischmilch, Gras und Heu, grüne Wiesen, Grummet, Kalb, Kälbchen, Kühe, Kuh, Kuhfalden, Kuhglocken, Kuhherde, Milchkühe, Paarhufer, Rindvieh, Stolperfalle, Tatort Alm, Tirol, Trittspur, Vierbeiner, Wanderer, Wanderwege, Wegspuren, Weide, Weidefläche
Um erst gar keine falschen Verdächtigungen aufkommen zu lassen: Ich mag das liebe Rindvieh. Ja ich schätze die dickleibigen Muttertiere, die neugierigen Kälber und die glotzäugigen Ochsen, deren Schwanz in der Suppe gelandet ist. Bei Glocken läuten, denke ich nicht an die Kirchturmglocken, sondern an das traute Gebimmel echter Kuhglocken aus Eisen und einem breiten Lederriemen. Und wo wird geläutet? Natürlich auf der Alm, wo es bekanntlich keine Sünde, dafür aber um so mehr Hornvieher gibt.
Ja vor einigen Jahren bin ich sogar – mehr oder weniger todesmutig – auf einer Viehweide herumspaziert auf der neben 200 Kühen auch 20
ausgewachsene Stiere gemütlich und völlig unaufgeregt ihre Grasration mampften. Trotzdem: so ein freilaufender Bulle ist selbst einem versierten Rodeoreiter ein wenig suspekt, geschweige denn mir. Aber damals auf der Alb, nicht auf der Alm, befand ich mich in der Obhut eines richtigen „Rinderflüsterers“ und das ist eine andere Geschichte.
Aber – ja ich mag Kühe sehr, mag die Milchmatronen und die kleinen Kälbchen, die hingebungsvoll an ihren prallen Eutern nuckeln. Seit Kindesbeinen bin ich mit den wiederkäuenden Paarhufern vertraut: ihren feuchtlich, nass glänzenden Nüstern, ihren beweglichen, bepelzten Ohren und ihren quastigen Schwanz, der ständig in Bewegung ist um die lästigen Fliegenschwärme zu vertreiben, die ihre stets mit Dreck und Exkrementen verkrusteten Hinterteile umschwirren. Nur für ganz Genaue: Pferde haben Nüstern, bei Rindern spricht man korrekterweise vom Flotzmaul.
Wenn man wie ich am Rand der Berge, im grün bewiesten bayerischen Voralpenland seine ersten Gehversuche unternommen hat, kommt man am braun gescheckten Fleckvieh nicht vorbei, das sich hinter Stacheldraht am frischen Grün gütlich tut. So weit der Vorrede kurzer Sinn: Ich bin per Du mit Kuh. Und unser gegenseitiges Verhältnis ist von gebührendem Respekt und einer gewissen, auf Abstand bedachten Zuneigung geprägt. Also: leben und leben lassen.
Eine Kuh will gemolken werden. Und das zweimal täglich. Es klingt wie eine Binsenweisheit, aber eine Kuh macht Muh und gibt Milch, viele Melchkühe machen Mühe und geben eine Menge Milch. Und ich liebe Milch – und zwar in all ihren flüssigen und festen Aggregatzuständen. Die Spannweite reicht da von Rohmilch, Schlagobers, Dickmilch, Topfen-Rahmstufe, Heidelbeerjoghurt bis hin zu Frisch- und Hartkäse. Aber so lautet Binsenweisheit Nummer Zwei: ohne gutes Futter, keine gute Milch. Und das
beste Futter ist und bleibt das Grünzeug, das Heu und das Grummet, der zweite Schnitt. Der dritte Heuschnitt wird im Tiroler Land übrigens Pofel genannt. Also quasi Pofel vom Kofel.
Und nun nähern wir uns dem springenden Punkt: damit aus Kühen glückliche Kühe werden, brauchen sie jede Menge Grünfutter, im
Idealfall von den Almen zu Füßen der Berge. Zumindest suggeriert dies die Werbung von Milka bis Milfina. Auch wenn die Milch im Supermarkt zum Großteil nicht aus den Alpen, sondern aus Großraumställen kommt, in denen Hunderte mit Mais und Kraftfutter gemästete „Milchmaschinen“ und „Turbokühe“ ihr trauriges, armseliges Dasein fristen.
Ihre Artgenossen auf den Almen und Asten – so heißen in Tirol die abgezäunten Weideflächen – haben da schon ein anderes, naturnahes Leben. Auch wenn für die Kühe in den Bergen vielleicht nicht die Freiheit wohnt, so wachsen dort gewisslich die besten Gräser, Klee und Kräuter. Und man stößt förmlich mit der Nase auf die langstieligen Leckerlis – und wird vom „Kuhheiligen“ Wendelin auf Schritt und Tritt beschützt.
Mit der Schnauze voraus von Grasmuckel zu Heuhügel – das Paarhufer-Paradies, der Grasgarten Eden schlechthin. Was indes der Kuh Freud ist oft des Wanderers respektive Wanderwegs Leid. Kühe treten gemeinhin ja als Herde auf und haben die Eigenheit im Rudel verräterische Spuren zu hinterlassen.
Ein Team der Spurensicherung der Kriminaltechnik hätte seine wahre Freude an einer solcher Gestalt „begangenen“ Almwiese. Kurzum: bei der Futtersuche wird jeder Quadratzentimeter unter die Hufe genommen, Pfade zur Tränke am Bach werden breit ausgetreten, jede feuchte Stelle nach Herzenslust zermanscht und zerstampft.
Was nach dem Einfall einer fresswütigen Kuhhorde bleibt, ist ein morastiges, glitschiges Gelände, ein von Stolperfallen und Trampeltier-Trichtern übersätes Matschfeld – mit einzelnen Grasbuckeln und Kuhfladen in der Form von Tellerminen dazwischen. Kurz und gut: eine „High risk area“.
Wie gesagt die Spurensicherung käme den vierbeinigen Tätern unschwer auf die Spur, da können sie so unschuldig und nichtsahnend dreinschauen wie sie wollen. Doch der Wanderer verliert sie, die Spur, die einmal ein Weg war. Wie gut, dass sich Stöcke und Steine mit rot-weiß-roter Markierung in das Fladen-Feld rammen, Rettungsinseln für den verirrten Schnürschuh-Gesellen gleich.#
Auf denn ein letztes Wort zum Geläut-Geleit: die Kuh sie rupft und der Berg er ruft!
Dinesh Bauer
Hat Ihnen die Geschichte gefallen, dann lesen Sie doch in meine Alpen-Krimis rein. Leseproben gibt’s gratis unter…